Die Zeitqualitäten von Samhain/Allerheiligen über Advent, Wintersonnenwende und die Lichterfeste bis zu den geweihten Raunächten
Wenn im November Nebelschwaden das Land durchziehen und alles, was zuvor noch in rot-goldenes Licht getaucht war, nun silbrig verschleiert erscheint, wird uns endgültig bewusst: das extrovertierte, nach außen gerichtete Leben zieht sich wieder zurück. Dies können wir sowohl in der Natur, als auch in unserem eigenen Lebensrhythmus betrachten.
Die Ernte auf den Feldern ist eingebracht und die mehrjährigen Pflanzen ziehen sich zurück in ihre Wurzelkraft.
Jetzt beginnt die Ernte von heilkräftigen Wurzeln wie z. B. Meerrettich, Beinwell und Brennnessel. Wenn sie ihr Laub abgeworfen haben, ist ihr Wirkstoffgehalt am höchsten.
Sinnbildlich betrachtet gilt das auch für uns: Unsere Tatkraft, die wir nach außen gerichtet hatten, darf sich endlich zurückziehen in die eigenen heimeligen Hallen, in die inneren Räume unseres Selbst und kann in die eigene innere Ruhe gehen, die uns still macht.
Durch diesen Rückzug können wir uns auch auf unsere Wurzelkraft besinnen und das alte Jahr mit all seinem geschäftigen Tun ausatmen, betrachten und entlassen, um wieder neue Kraft zu schöpfen. Das alte Jahr reflektieren und Bilanz ziehen: Ein Segen.
Verbunden mit den Rhythmus des Jahreskreislaufes – Zeit der Innenschau
Sind wir verbunden mit dem Rhythmus der Natur, wird uns Brauchtum und Tradition verständlich.
Wenn die dunkle Zeit voranschreitet und die unsichtbare, geistige Welt sich offenbart, beginnt in der keltischen Tradition mit Samhain der neue Jahreszyklus.
Es ist die Zeit, denjenigen zu gedenken, die vor uns gegangen sind und den Weg für uns bereitet haben. Das können sowohl unsere Ahnen sein als auch Menschen, die uns berührt haben auf unserem Lebensweg.
Ein Ahnenfest kann so gestaltet sein, dass wir uns unsere Ahnen wieder ins Bewusstsein rufen und ihnen danken für all das, was sie uns mit auf unseren Lebensweg gegeben haben.
In dieser Zeit der Transformation sind die Schleier zwischen den Welten durchlässiger, und wir können empfänglicher sein für unsere geistigen, hellen Sinne.
Die dunkle Zeit, die Wurzelzeit, führt nach innen, damit wir uns besinnen und ergründen, was in uns schlummert:
- Woraus schöpfe ich Kraft?
- Welche inneren Bilder bewegen mich?
- Wofür leuchtet meine innere Flamme?
- Wodurch wird mein Wesenskern berührt?
- Was für Wünsche und Bedürfnisse wollen in mir wahrgenommen werden?
Gerade die Zeit von Samhain (Allerheiligen) über den Advent und den geweihten Nächten (Weihnachten) bis zu den folgenden Raunächten hat im Jahreslauf eine ganz besondere Qualität.
Advent ist die Zeit, in der wir das vergangene Jahr betrachten, reflektieren und beenden können. Eine gute Zeit, um mit sich selbst ins Reine zu kommen, zu sehen was gut und wichtig war, was es zu verändern gilt und was es wert ist, mit in die Zukunft zu genommen zu werden. Dabei spiegeln die vier Wochen vor der Wintersonnenwende die vergangenen vier Jahreszeiten wieder.
Es ist eine magische, mystische Zeit, verwoben mit altem naturreligiösen Brauchtum, Mysterienspielen, Riten und überlieferten Aberglauben, die ihre Wurzeln in der heidnischen Tradition haben. In früheren Zeiten waren die Menschen durch ihre Lebensgestaltung der Natur und dem Jahresrhythmus tief verbunden. Auch durch ihre Abhängigkeit von der Ernte war ihre Beobachtungsgabe geschult, und das war notwendig für das Überleben der Sippe. Mit der Natur im Einklang zu leben, bedeutete eben auch im Strom, im Fluss des Lebens zu sein. Sich die Natur und den Jahreskreis mit seinen Qualitäten zunutze zu machen und darin integriert zu sein.
Die Sonnenlichtstunden nehmen beständig ab, und die Dunkelheit nimmt zu – bis sie zur Wintersonnenwende, dieses Jahr am 21. Dezember, ihren Höhe-, beziehungsweise Tiefpunkt erlangt.
Zur Wintersonnenwende feiern wir die Geburt der Sonne und die folgenden zwölf Raunächte, als Lostage, spiegeln das kommende Jahr wieder. Eine Zeit der Magie und eine Zeit, die eigene Wirklichkeit zu kreieren. Es ist eine Zeit des Loslassens, Innehaltens, Reflektierens, der Innenschau, der Wunder und des Zauberns.
Der Barbarazweig
Man brachte Zweige im Zimmer zum Grünen und Blühen und verschenkte diese glücksbringenden Lebenszweige, z. B. mit einem Apfel als Fruchtbarkeitssymbol. Dafür werden am 4. Dezember, dem Gedenktag der Heiligen Barbara, Zweige von Obstbäumen abgeschnitten und in einer Vase in die Wohnung gestellt. Sie beginnen zu grünen, bis sie an Weihnachten blühen.
Bei den keltischen Druiden gab es den Oghamkreis, ein Baumalphabet, das Jahrhunderte mündlich überliefert wurde. Der Baumkreis besteht aus einheimischen Bäumen und Sträuchern, denen jeweils bestimmte Archetypen und (Heil)Kräfte zugesprochen wurden. Der Oghamkreis wurde als Alphabet, zur Weissagung und als verschlüsselte Botschaft genutzt. Die Bäume sind im Jahreskreislauf einer bestimmten Zeit zugeordnet.
- Ab Samhain Holunder
- 12. Eibe
- 12. Silbertanne / Mistel
- 12. – 20.01. Birke https://www.franca-bauer.de/pflanzenmonografie-die-birke
Die Wintersonnenwende wird in den nordischen Ländern Jul genannt, was vom altnordischen Wort Jol = Rad abgeleitet wurde oder aus dem Finnischen, wo Juhla einfach Fest heißt.
Dieses Fest ist einer der markantesten Punkte im Jahreskreis.
Hier können wir innehalten, um die Ruhe hinter der Bewegung wahrzunehmen. Das (Lebens-) Rad wird gedreht, damit das Lichte zu uns kommt. Die Sonne wird aus dem Schoß der Nacht und der Erde gerufen.
Reichliches Essen und Trinken in der Gemeinschaft gehört zum Urbestand aller Feste.
Die im tiefen Winter verankerten Lichterfeste sind meist alte Sonnenzauber, deren Riten ihre Wurzeln in der uralten Naturtradition haben.
Der Weihnachtsbaum
Der geschmückte Lichterbaum steht an Weihnachten im Mittelpunkt des häuslichen Festes. Sowohl der immergrüne Baum als auch andere Sträucher und Zweige, wie Eibe, Buchs und Stechpalme, gelten schon immer als Lebensquelle und Lebensbewahrer. Sie spenden Fruchtbarkeit und Gesundheit und wehren Übel ab. Das Weihnachtslied „Oh Tannenbaum“ ist bezeichnend: „ Dein Kleid will mich was lehren, gibst Hoffnung und Beständigkeit, gibst Trost und Kraft zu jeder Zeit“.
Ursprünglich wurde der Weihnachtsbaum mit Äpfeln, Birnen, Nüssen und Lebkuchen, geschmückt.
Lichterfeste
In der dunklen Jahreszeit werden viele Lichterfeste gefeiert, wie z. B. Laternenumzüge, Fackelläufe, Adventskranz, Nikolausfest, Heiligabendlicht, große Feuer, der hell erleuchtete Weihnachtsbaum.
So wird das Licht herbeigerufen, in der Stube begrüßt, um sich daran zu erfreuen und zu erwärmen. Das Licht ist ein Sinnbild des Lebens. Die großen Feuer sollen die dunklen Schatten bannen, ebenso die brennenden Räder, die mit viel Getöse und guten Wünschen davon geschleudert werden.
Im schwedischen Weihnachtsbrauch geht eine Frau als Luzia mit einem Lichterkranz auf dem Kopf in die Häuser. Sie wird um Segen, Schutz, Heilung und Weisheit gebeten. Luzia, die Lichtgöttin, ist eine Erscheinung der Weißen Frau. Mit der Zeit wurde die helle, strahlende Luzia (luz = Licht) zu Luzifer und von der Kirche dämonisiert.
Weihnachten, 24. Dezember
Dieser Tag ist ein sogenannter Lostag, der das ganze kommende Jahr widerspiegelt. Darum sollte dieser auch bewusst mit Menschen gefeiert werden, mit denen man auch im kommenden Jahr Gemeinschaft teilen möchte.
Die Weihnachtsgeschichte von der Geburt Christi ist die christliche Version des Themas von der Wiedergeburt der Sonne, denn Christus ist der Sonnengott des Fischezeitalters. Erst 273 n. Chr. unternahm die Kirche den symbolisch wichtigen Schritt, seine Geburt auf die Wintersonnenwende zu legen, um ihn mit dem alten Sonnenkult und seinen Göttern zu verbinden.
Die zwölf Raunächte nach Weihnachten
Sie stehen in Bezug zu den zwölf kommenden Monaten. Diese Lostage dienen der Vorausschau für das kommende Jahr. In dieser Zeit durfte man früher nicht spinnen, kehren oder waschen, damit sich die bösen Geister nicht womöglich in der Wäsche verfangen. Dabei handelt es sich keineswegs um bloßen Aberglauben, sondern um ein bewusstes sich Besinnen auf das kommende Jahr. Zeit zu haben, um den eigenen geistigen Raum frei zu machen, ihn bewusst zu gestalten und sich nicht im Alltagsgewand zu verlieren, steht im Mittelpunkt.
Die alte Percht
In diese Zeit gehören auch die Kultumzüge und Maskentänze, in denen die Percht zurückkehrt.
Diese alte Göttin des Abendlandes mit ihrer wilden Jagd, ihren Hunden und dem Zug der toten Seelen, wacht seit uralter Zeit über das Recht. Ein Recht, das älter ist als alle Staatsformen. Sie hütet die Seelen, die auf der Suche nach neuen Körpern sind und prüft die Herzen der Lebenden.
Sie verkörpert ein sehr altes Prinzip: Wildheit und Freiheit.
Einmal im Jahr kommt sie von den Bergen und sieht nach dem Rechten. Sie fegt über das Land, ist ungestüm und unberechenbar.
Man kennt sie auch als Frau Holle, Hulda oder Frau Berta. Der Name leitet sich vom keltischen „peraht“ ab und bedeutet „hell, licht“. Die Percht ist die Alte, die den Tod bringt, denn eine Erneuerung ist ohne das Loslassen nicht möglich.
Die Maskentänze und Kultumzüge bei denen die wilde Jagd auch in Form von Tiermasken nachgestellt wurde, hatten und haben eine weite Verbreitung bei den Germanen, Slawen und Romanen.
Die wilden Frauen erscheinen auch in den Legenden der Nordländer, als Walküren, die mit Wotan in seiner wilden Jagd reiten.
Winterzeit – So regen Sie Ihren Wärmesinn an
Mit Obsidian, der die ganze Glut und Kraft aus den vulkanischen Erdentiefen in sich birgt, können wir unsere körperliche und seelische Durchwärmung anregen:
Flache Steine im warmen Wasserbad oder auf einer Wärmflasche erwärmen und in die Schuhe legen. Oder bei kaltem unteren Rücken, den Stein erwärmen und mit Fixierpflaster im Bereich vom Iliosakralgelenk – Kreuzbein aufkleben.
In diesem Sinne wünsche ich viel Freude und eine bewusste Zeit der Besinnung auf die eigenen Ziele und Wünsche!
Franca Bauer